Das Hühnerfrikassee und ich waren viele Jahre keine besonders guten Freunde. Als Kind hatte ich es als Gericht aus dem Kindergarten in Erinnerung, welches einfach in einer pampigen Sauce mit Tiefkühlgemüse und ungewürztem Reis serviert wurde. In den letzten Jahren und Jahrzehnten habe ich diesen Klassiker der deutschen Hausmannskost “neu” für mich entdeckt. Genuß gehört nämlich Gott- sei- Dank zu den Dingen, welche man immer wieder für sich neu entdeckt.
Frikassee vs. Blankett
In der klassischen Küche sind eigentlich die Unterschiede zwischen den beiden Gerichten klar definiert. Nach und nach verschwammen jedoch die Linien zwischen beiden Gerichten zunehmend, zumal diese beiden Gerichte sich doch von jeher recht ähnlich sind.
Im Kochkunstführer von Augste Escoffier (Erstausgabe von 1906) wird beschrieben, dass das Blanquette de Vollaile, also das “Helle Geflügelragout” aus dem ganzen Huhn zubereitet wird (Seite 480) , während beim Frikassee (Seite 482) das Huhn in Mundgerechten, entbeinten Stücken in der Sauce gegart wird.
Bei der von mir beschriebenen Zubereitungsart handelt es sich also – der Definition von Escoffier folgend – um ein Blankett.
Ein mit pochierten Brätkügelchen ergänztes Hühnerfrikassee kennt man vorwiegend in und um Berlin. Es handelt sich dann um ein “Berliner Hühnerfrikassee“.
Was gehört ins Frikassee?
In meinem Kindheitstraume spielten Erbsen und Möhren, Champginons, Spargel und Kapern – alles aus der Dose – eine große Rolle. An diesen kulinarischen Frevel denke ich freilich nicht, wenn ich von einem Gaumasmus philosophiere. Die Zutaten gehören da nach wie vor rein, aber frisch! Gut, die Erbsen aus ökonomischen Gründen aus dem Tiefkühler, die Kapern aus dem Glas, aber der Rest bitte frisch vom Markt oder aus dem Supermarkt.
Beilage?
Zu diesem Gericht der Hausmannskost passt am besten Reis. Sei es als Pilaw, Basmati, Voll- oder schnöder Langkornreis. Mit etwas Butter abgeschmeckt haut auch dich dieses Gericht von den Socken. Selbstverständlich kann man aber auch Knödel, Klöße, Spätzle oder Teigwaren dazu essen.
Hühnerfrikassee
4
Portionen30
Minuten40
MinutenZutaten
- Ansatz: Huhn und Bouillon
1 Bio- Suppenhuhn ca. 1,4 kg (vom Geflügelhof)
1 Bund Suppengrün
10g Salz
3 Pimentkörner
5 schwarze Pfefferkörner
2 Lorbeerblätter
- Frikassee
40g Butter
80g Zwiebelwürfel, fein gehackt
40g Weizenmehl Type 405
250 ml trockener Weißwein
250g frischer Spargel
150g Karotten, geschält
250g Champignons
200g TK-Erbsen, mittelfein
50g Kapern, aus dem Glas abgetropft und abgespült
1 Bio- Zitrone
200g Sahne
2 Eigelb
Etwas frisch geschnittener Schnittlauch
Zubereitung
- Das Suppenhuhn abspülen. In kaltem Wasser in einem ausreichend großen Topf aufsetzen. Mit einem Teelöffel Salz würzen. Bei mittlerer Hitze langsam aufkochen.
- Währenddessen öfters einmal den Schaum mit einer Suppenkelle oder Schaumkelle abschöpfen. Dadurch wird die Trübung der Brühe vermindert. (Ich hab beim Bild un ten leider zu früh die Gewürze zugegeben)
- In der Zwischenzeit das Suppengemüse würfeln.
- Nachdem das Huhn etwa 30 Minuten kocht, die Gewürze und das geschnippelte Suppengemüse zugeben.
- Wenn das Huhn nach weiteren 45 Minuten gar ist, aus der Brühe nehmen und zur Seite stellen. Man erkennt, Dass das Huhn gar ist, daran dass die Schenkel sich sehr leicht ablösen lassen.
- Die Hühnerbrühe durch ein Passiertuch passieren, damit grobe Trübstoffe nicht in der Brühe landen.
- Im Topf die Butter schmelzen und darin die Zweiebeln glasig dünsten. Mit dem Mehl bestäuben und mit einem Schneebesen rühren.
- Den Weißwein Schluck für Schluck zugeben und die Mehlschwitze glatt rühren. Anschließend etwa 800 ml von der Bouillon nach und nach zugeben und aufkochen.
- Jetzt die Sauce bei kleiner Hitze unter öfterem Umrühren ziehen lassen.
- Eine Pfanne erhitzen, die Champigons vierteln und darin sautieren. Würzen und zur Seite stellen.
- Die Karotten schälen, halbieren und schräg in Scheiben schneiden und in die heiße Sauce geben.
- Den Spargel schälen, in Scheiben schneiden und ebenfalls zur Sauce geben. Beide Gemüse etwa 3 Minuten bissfest in der Sauce garen.
- Die Haut vom Huhn abziehen und das Fleisch mit den Händen vom Knochen lösen. Mit dem Messer in Mundgerechte Stücke schneiden und zusammen mit den Erbsen und den Karpern zur Sauce geben.
- Mit einer feinen Küchenreibe die Schale der Bio-Zitrone in die Sauce reiben. Die Sauce nochmal aufkochen und sofort wieder klein schalten.
- In einer Schüssel das Eigelb mit der Sahne verquirlen. Etwas heiße Sauce (etwa 30 ml) zugeben, um die Temperaturen anzugleichen. Die Liason zum Frikassee geben und nicht mehr aufkochen.
- Mit Salz und Pfeffer aus der Mühle, frisch geriebener Muskatnuss und dem Saft der Bio-Zitrone abschmecken.
- Anrichten und mit geschnittenem Schnittlauch bestreuen.
Tipps
- Um einen perfekten Reisring hinzubekommen, gibt es spezielle Formen im Fachhandel.
[…] Die Mehlschwitze oder Einbrenn, im Fachjargon Roux genannt, ist ein klassisches Bindemittel für Saucen, Suppen, Ragouts, Blanketts oder Frikassées. […]